Elvis war 1966 der höchstbezahlte Hollywood-Star, doch die Drehbücher waren eher mittelmäßig. Aber – der Name Elvis zog nach wie vor, und wie. Die Streifen „Frankie And Johnny“, „Paradise“, „Hawaiian Style“ und „Spinout“ waren beste Unterhaltung für die Familie, aber meilenweit entfernt von dem, was Elvis 1956 als Schauspieler erträumt hatte.
Text: Helmut Radermacher
Es tauchten Gerüchte auf, Brian Epstein, Manager der Beatles, wolle Parker den Vertrag mit Elvis abkaufen. Parker dementierte – es seien nur Gerüchte. Ein Jahr später sollte es umgekehrt kommen. 1967 starb Brian, so kamen die Beatles auf die Idee, Parker als Manager zu verpflichten. Der sagte unter der Bedingung zu, dass Elvis nach wie vor an erster Stelle stehen würde.
Und noch ein weiteres Gerücht verbreitete sich – nämlich dass Elvis Graceland verkaufen wolle, da er wegen der Filme ohnehin oft in Los Angeles wohnte. Hier gab es aber sofort eine klare Antwort von Elvis selbst: nein, niemals, allein schon wegen der Erinnerungen an seine Mutter, die dort so glücklich war und am 14. August 1958 starb.
Felton Jarvis – Fan und Produzent
Am 25. Mai 1966 traf Elvis erstmalig seinen neuen Produzenten Felton Jarvis. Vorher hatten sich Chet Atkins und/oder Steve Sholes darum gekümmert. Wobei das Produzieren der Titel immer schon Elvis selbst übernahm. Aber es gehört auch anderes dazu. Die Musiker mussten verpflichtet, Studios gebucht werden usw. Felton war so alt wie Elvis, konnte also anders mit dessen Nachtsessions mithalten als Atkins, der gut zehn Jahre älter als Elvis war. Felton hatte vor Elvis Hits mit Tommy Roe, Fats Domino und anderen feiern können. Aber noch wichtiger, er hatte 1959 eine Single aufgenommen mit dem Namen „Don’t Knock Elvis“. Was konnte Elvis besseres passieren, als einen Fan als musikalischen Betreuer zu bekommen. Die beiden verstanden sich so gut, dass Elvis später Felton sogar überreden konnte, bei RCA zu kündigen, um ganz für ihn da zu sein.
Sein Einstand war dann 1966 die Produktion der Gospel-LP „How Great Thou Art“, die mit Rang 18 weitaus mehr als seine noch folgenden Soundtrack-Alben erreichte und für die Elvis seinen ersten Grammy erhielt. Nach Januar 1964 („Ask Me“, „Memphis, Tennessee“ und „It Hurts Me“) war es im Mai die erste Session für eine neue Studio-Produktion.
Im Juni wollte Elvis in Nashville aufnehmen, wurde aber krank und blieb im Motel. Red West sang für ihn die drei Titel mit allen Musikern ein. Zwei Tage später brauchte Elvis dann nur noch ins Studio gehen und die Titel innerhalb von circa einer halben Stunde auf das soweit fertige Musikband zu singen. Es ging um „Indescribably Blue“, „I’ll Remember You“ und die großartige Red West Komposition „If Every Day Was Like Christmas“.
Anekdote einer verpassten Chance
Es gibt die schöne Geschichte, dass Elvis am 29. November auf dem Weg von Hollywood zurück nach Memphis im Auto die Radio-Show von George Klein hörte. Als das Lied „Green Green Grass Of Home“ erklang, war er so begeistert, dass er dort einige Mal anrief, sich das Lied immer wieder wünschte. Es war die Version von Tom Jones. Dieses traurige Todeslied konnte in USA bis auf Rang 11 kommen. Aber Elvis hätte da mal besser auf seinen Freund Red West gehört; wäre es nach ihm gegangen, hätte Elvis das Lied schon ein Jahr vorher aufgenommen, damals aber lehnte er es als zu countrymässig ab. Da ging es um die Version von RCA-Sänger Porter Wagoner, der damit in den Country-Charts immerhin Platz vier erreichen konnte. Was ein Arrangement so alles bewirken kann. Dabei war eigentlich Elvis derjenige, der sich in den Fifties viele Songs zu eigen machte, indem er sie auf seine Art aufnahm. 1975 nahm Elvis den Song endlich doch auf; zwar in einer großartigen Fassung, aber da hatten es schon zu viele aufgenommen – allein 13 Interpreten auf Langspielplatten, die in die US Pop-Charts gelangten.
Schwer umkämpfte Chartplatzierungen
Was Hitparaden anging, wurde 1967 ein schwaches Jahr für Elvis. Die Fans bekamen die erwähnte herrliche Ballade „Indescribably Blue“ als Single (nur Platz 33), aber sogar der „neue Elvis“, der mit „Big Boss Man“ neue musikalische Wege beschritt, kam beim Publikum nicht an. Gefragt waren Bands aus England oder aus USA wie die Supremes, The Doors, The Monkees und Aretha Franklin, aber auch ein paar Jungs aus Memphis, die mit einem jungen Produzenten zusammenarbeiteten, der Elvis zwei Jahre später ebenfalls zu neuem Erfolg verhelfen sollte. Die Rede ist von der Gruppe Box Tops und dem Macher Chips Moman und seinem American Sound Studio.
Hochzeit des begehrten Womanizers
Im März stürzt Elvis in seinem Haus in Rocca Place, der sofort gerufene Arzt kommt sofort, stellt aber nichts Ernstes fest. Dennoch sind alle geschockt. Auch sein Manager, der die Gelegenheit nutzt. Er war noch nie begeistert, dass so viele Leute um Elvis herum waren, die – seiner Meinung nach – nichts tun. Am meisten schimpft er über Larry Geller, der gehen muss, aber gegen Mitte der 70er wieder auftaucht. Jerry Schilling aber ist dank seines Könnens sehr geduldet. Der heiratete am 15. März, allerdings konnte Elvis wegen seines Unfalls nicht dabei sein. Aber das brachte Parker dazu, auf eine Hochzeit von Elvis zu drängen. Am 1. Mai1967 ist es soweit. Elvis heiratet in Las Vegas im Aladdin Hotel um 11:45 Uhr endlich die Frau, die er 1959 in Deutschland kennengelernt hatte, seine Priscilla Beaulieu. Nach der Hochzeit in Las Vegas flog das neue Paar sofort nach Palm Springs. Frank Sinatra hatte mit seinem Wissen um die Schlupflöcher in der Stadt in der Wüste und mit seinem Flugzeug ausgeholfen. Elvis fliegt für zwei Flittertage in sein Haus in Palm Springs, bevor er wieder nach Memphis reist.
Dort vernichtet er alle Bücher von Larry Geller, verliert sogar sein Interesse an seiner Circle G Ranch, ist fast nur noch mit dem privaten Sehen von Filmen beschäftigt. Eine Woche nach Elvis heiratet auch Ann-Margret. Als sie ein paar Tage später mit ihrer Show in Vegas beginnt, schickt Elvis ihr ein Blumenarrangement in Form einer Gitarre. Bei jeder Premiere stammt das auffälligste Präsent von Elvis. Bis zu seinem Tod wird das auch weiter der Fall sein. War da doch noch sowas wie Liebe im Spiel?
Die internationale Presse schrieb wieder über den ehemaligen Liebling, der zwar nicht vergessen, aber in der Gunst der Journalisten gesunken war. Parker als Manager musste sich dringend etwas einfallen lassen. Drei Filme pro Jahr wurden Elvis im Laufe der Zeit doch langweilig. Der Elan war weg, die Musik darin haute einen nicht mehr um, die Routine überwiegte.
Inspiration von außen
Als Elvis im September 1967 im Studio „Guitar Man“ aufnehmen will, stellt er fest, dass seine Musiker den Sound nicht so hinbekommen, wie es auf dem Original des Sängers und Gitarristen Jerry Reed klingt. Da kennt Elvis nichts, er lässt Jerry suchen. Der macht gerade Angelurlaub, kommt also unrasiert und mit der entsprechenden Kluft so ins Studio, um auszuhelfen. So etwas hat Elvis wohl gebraucht, er ist begeistert, überredet Jerry, weitere Titel mit ihm aufzunehmen, genau so, wie nur er zu Spielen imstande ist. Neue Musiker haben Elvis immer inspiriert, wieder aktiv zu werden, sich neu zu ordnen. Die Schwangerschaft von Priscilla beflügelt ihn auch – Graceland wird mal wieder umgebaut, das Kind soll zum neuen Mittelpunkt werden.
Das Jahr 1967 wurde zum Tiefpunkt der Elvis-Filmkarriere, „Double Trouble“ (Platz 47 für die LP) und „Clambake“ (40). Bei den Singles sah es auch nicht besser aus. „Long Legged Girl With The Short Dress On / That’s Someone You Never Forget“ kam auf Platz 63 und 92, „There’s Always Me / Judy“ (56 und 78), „Big Boss Man / You Don’t Know Me“ (38 und 44).
Elvis sang und spielte 1968 zusammen mit der Tochter von Frank, Nancy Sinatra. Beide sind ein gut harmonierendes Paar, der „nette“ Film heißt Speedway, aber das Thema Film war für Elvis fast durch. Keine Soundtrack-LP verkaufte sich schlechter als diese, lediglich Platz 82 sprang dabei heraus. Sogar Volume 4 der großartigen „Golden Records“-Serie schaffte nur den bescheidenen Rang 33.
Die Pflicht ruft
Verträge galt es noch zu erfüllen – also gab es noch einen Film in dem Jahr – Live A Little, Love A Little. Es wurde ein anderer Streifen, fast schon ein mutiger, der Zeit angepasster Film, allerdings mit wenig Musik, daher bekamen wir auch keinen Soundtrack. Noch weniger Musik, nämlich nur den Titel-Song, der lediglich im Vorspann zu sehen war, man Elvis also nicht im Film singen sehen konnte, gab es in Charro. Ein letzter Film für das Jahr hieß The Trouble With Girls, ein zwar gut gemachter Spielfilm, jedoch mit wenig Resonanz. Die Singles daraus, „Clean Up Your Own Back Yard“ erschien erst ein Jahr später.
Es musste alles anders werden. Vor seinem sogenannten „Comeback“ gab es jede Menge wunderbare Songs. „Guitar Man“, damals schon genial, wurde aber vom Rundfunk nicht wahrgenommen. Gleiches gilt für „U.S. Male“, auch in der gleichen Machart und genau so gut, dazu das Lied „Stay Away“ aus dem Film Stay Away, Joe, wie auch noch eine perfekte Ballade, „You’ll Never Walk Alone“. Anschließend hörten wir die fetzigen „Let Yourself Go“ und „A Little Less Conversation“, die damals total untergingen. Also quantitativ gab es sehr viel, sogar qualitativ beste Ware, aber keiner haben wollte sie haben. Elvis war „out“. Aber er arbeitete an etwas Neuem, seinem ersten eigenen TV-Special – Singer Presents ELVIS.
Back in Black
Damals, mitten in der Hippie-Zeit, mitten im Vietnam-Krieg, kurz nach dem Tod von Robert Kennedy und Martin Luther King, strahlt der Fernsehsender NBC am 3. Dezember 1968 die Show ELVIS aus, 42 Prozent Einschaltquote wurde für den Sender die erfolgreichste Ausstrahlung des Jahres. Der Mann, der nie weg war, ist – für die Allgemeinheit – wieder zurück. Es war ein anderer Elvis, er sang im schwarzen Lederanzug zwischen Fans, bot einen Rückblick auf alte Zeiten, brachte aber auch neue Songs. Die erste Single aus dem Special, das extra dafür neu geschriebene „If I Can Dream“ landete auf Rang 12. Der Song ist eine Hommage an den am 4. April 1968 in Elvis‘ Heimatstadt Memphis ermordeten Martin Luther King,
Die LP zur Show war die erste seit drei Jahren, die endlich mal wieder mit Platz 8 die Top Ten schaffte. „THE KING IS BACK“ schrieben die Zeitungen. Und Elvis war gut, hatte Gewicht verloren, aus seinem Hawaii Urlaub eine gute Gesichtsfarbe mitgebracht, die Frauen fanden ihn umwerfend. Bill Belew, der die aufwendigsten Kostüme für die extravagantesten Künstler herstellte, schneiderte Elvis auch die Garderobe für dessen Auftritte. Die Reaktionen hatten Elvis gut getan, er verspürte wieder Lust auf die Bühne, auf neue Musiker, auf das Prickeln für kommende Live-Auftritte.
Privat lief auch alles bestens – am 1. Februar 1968 kam die Tochter Lisa Marie zur Welt, Elvis war glücklich. Sie sollte das einzige Kind für Elvis bleiben. In dem Jahr traf Elvis in Hawaii auch Ed Parker, den Karate-Champion, den Elvis später als Karatelehrer und Bodyguard bei sich einstellte, aber Elvis und Priscilla trafen dort auch Mike Stone, den hawaiischen Karateexperten, der später Priscillas Karatelehrer und auch ihr Liebhaber wurde. Aber – auch Elvis war nicht immer treu, um es mal vorsichtig zu formulieren.
Achterbahnfahrt in den Charts
1968 folgten jede Menge Singles, allerdings noch eher bescheidene Plätze in den Hitparaden. Die wirklich gute Single „Guitar Man“ ging mit Platz 43 unter, die B-Seite „High Heel Sneakers“ wurde gar nicht in den Radios gespielt. Der Titel-Song aus seinem Film Stay Away landete als B-Seite auf Rang 67, die A-Seite „U.S. Male“ immerhin mit Platz 28 unter den Top 30. „You’ll Never Walk Alone“, eine Traumballade, hätte fast den Einzug in die Charts ganz verpasst, es gab nur die Position 90, die B-Seite „We Call On Him“ fand keine Beachtung. „Let Yourself Go / Your Time Hasn’t Come Yet Baby“ waren mit Platz 71 und 72 ebenbürtig. „A Little Less Conversation“, das später als Remix ganz groß rauskommen sollte, fand als Single mit Platz 69 damals so gut wie keine Beachtung, die B-Seite „Almost In Love“ schaffte nur Rang 95. Erst „If I Can Dream“ brachte Elvis mit immerhin Platz 12 seinen größten Hit seit 1965.
Aber – 1969 sollte wieder ein Elvis-Jahr werden.