Jul
4
2016

Teil 7: 1974 bis 1977 – Die letzten Jahre

Elvis-Presley-Beitragsbild

Die 1970er Jahre des King of Rock’n’Roll waren vor allem durch seine Live-Auftritte gekennzeichnet. Allein vom Sommer 1969 bis August 1977 absolvierte Elvis mehr als 1100 Konzerte. Parallel dazu werden seine gesundheitlichen Probleme immer offensichtlicher.

Text: Helmut Radermacher

Drei Singles gab es 1974, „If You Talk In Your Sleep“ und „Promised Land“. Das Team Elvis/Parker hatte kurz vorher den kompletten Elvis-Musik-Katalog (bis Anfang 1973) für 5,4 Millionen an das Label RCA verkauft. Somit konnte die Firma jetzt ihre eigene Veröffentlichungspolitik betreiben. Das nutzte die verantwortliche Joan Deary aus,  die die sehr gut gemachte Serie „A Legendary Performer“ erfand. Auf diesen LPs gab es nun Lieder aus der Zeit vor 1973. Diese LPs waren zum Ärger von Elvis‘ Manager erfolgreicher als die neuen LPs. Der „alte“ Elvis war noch wer. So erreichte die neue Produktion „Good Times“ (STAX-Studio) einen so schlechten Rang wie noch nie eine LP zuvor, Platz 90 nur. Und überhaupt, 1974 betrat Elvis nicht einmal ein Tonstudio.

Live-Entertainment ist alles

Auch live ging es weiter, Vegas im Januar/Februar 1974 mit 20 Vorstellungen, ab dem 1. März eine Tournee, meist täglich in einer anderen Stadt. Im Mai 22 Shows in Lake Tahoe, ab dem 15. Juni wieder eine Tournee, im August wieder seine Shows in Las Vegas, dann weiter mit einer Tournee, im Oktober dann noch einmal Lake Tahoe mit acht Shows – alle Konzerte, alle Shows waren ausverkauft. Inzwischen machten die hochkarätigen Künstler mehr Geld mit Shows als mit Platten.

74321146912_1_WebElvis gibt am 16. und 17. März 1974 die ersten Konzerte seit 1961 in seiner Heimatstadt Memphis, TN. RCA schneidet beim Zusatzkonzert am 21. März mit, bringt die LP im Juni auf den Markt; sie erreicht zwar nur den Rang 33, gilt aber heutzutage als Live-Klassiker als „Elvis Recorded Live On Stage In Memphis“. Insgesamt sind es fünf ausverkaufte Shows. Die Absage war diesmal anders als sonst. Wo es üblicherweise am Ende des Auftritts hieß „Elvis has left the building“ (Elvis hat das Gebäude bereits verlassen), endete das Konzert mit dem Gag – „Elvis has left for Graceland“ (Elvis ist schon auf dem Weg nach Graceland), denn Elvis hatte es ja nur ein paar Minuten bis zu seinem Haus.

Am 27. Mai passierte etwas Bemerkenswertes in Lake Tahoe trat die Band Jackson Five mit ihrem Star Michael Jackson auf. Lisa Marie ist mit ihren sechs Jahren auch dabei, trifft ihn sogar. 1994 wurde daraus eine heftig umstrittene, aber auch nur kurze Ehe.

Im Juli des Jahres lässt Elvis‘ Freundin Linda Thompson Graceland komplett umdekorieren – der Priscilla-Look verschwindet ganz. Das ist so aufwändig, dass Elvis umzieht, er wird für einige Zeit im Hotel Howard Johnson wohnen, ebenfalls gelegen auf dem Elvis Presley Blvd. Und doch geht Elvis in dieser Zeit mit Sheila Ryan aus.

Elvis Presley-Today In der Mitte des Jahres 1975 wurde Elvis krank, gab in Las Vegas nur fünf Shows. Es gab drei neue Singles, das großartige „My Boy“ erreichte mit Platz 20 einen achtbaren Rang. 1975 nahm Elvis sogar mal wieder in Hollywood auf, im RCA Studio C. Es ergab eine perfekte Mischung aus Country und Rhythm & Blues-Titeln, doch auch die LP dazu mit dem Namen „Today“ erreichte lediglich Platz 57, kam aber in den Country-Charts auf Rang 4. Dort befanden sich seine loyalsten Fans, seine LP „Promised Land“ landete da sogar auf Platz 1, wie fast jede LP dort die Top Ten erreichte.

Letzter Studiobesuch

Im Jahr 1976 war Elvis tatsächlich das letzte Mal im Studio, am 31. Oktober nahm er sein letztes Lied auf – den Jim Reeves-Klassiker „He’ll Have To Go“. RCA hatte Elvis ein Aufnahmestudio in Graceland eingerichtet. Einer seiner letzten Aufnahmen wurde ein Hit. Elvis, der in den letzten Jahren lieber Balladen sang und  aufnahm, überraschte mit dem fetzigen „Moody Blue“, das dann auch Platz 31 erreichte, in England sogar die Nummer 1. Die erfolgreichste US-Single des Jahres aber wurde das gewaltige „Hurt“ (Rang 28).

Bei den Konzerten ließ Elvis es etwas ruhiger angehen. Erst am 17. März gab er seinen ersten Auftritt des Jahres, aber dann folgten 16 Konzerte einer Tour, 15 Shows in Lake Tahoe, 75 weitere Auftritte verteilt über das ganze Land, um dann zwei Tage später wieder 15 Shows in Las Vegas zu geben. Es sollten die letzten Auftritte dort sein. Und als wäre das nicht genug, wurde noch eine kurze Tournee mit fünf Shows angehängt, endend mit dem bekannten Pittsburgh Silvester-Konzert. Die Show war so gut und so lang, dass sie später, 2003, auch als Doppel-CD bei FTD erschien – New Year’s Eve.

Die Stimme des Jahrhunderts verstummt

Elvis‘ Konzertreihe begann 1977 am 12. Februar in Hollywood in Florida, sie ging durch bis zum 26. Juni in Indianapolis, Indiana. Keiner dort ahnte, dass er das letzte Elvis-Konzert gesehen hatte.

Als Elvis am 16. August 1977 starb, hätte am nächsten Tag die natürlich ausverkaufte Tournee begonnen. Sie wäre in zehn Städte gegangen, angefangen am 17. August in Portland, Maine mit zwei Shows bis hin zum 27. und 28. August in seiner Heimatstadt Memphis.

Elvis Presley-Nashville's Country Music Hall of Fame Es erschien – noch zu Elvis‘ Lebzeiten, die Single „Way Down“. Sie kam am 25. Juni 1977 in die US-Charts, höchste Position wurde Platz 18. Die immer wieder loyalen Engländer kauften die Platte in solchen Stückzahlen, dass die Single Rang 1 erzielte, und das gleich fünf Wochen am Stück. Aus dem „Elvis In Concert“Projekt erschien auch die Single „My Way“, das Lied, das Elvis für sich entdeckt hatte. 1995 erfuhren wir, dass es davon sogar eine Studioaufnahme gab.

Als die LP „Moody Blue“ beim RCA Presswerk hergestellt wurde, ergab es sich, dass es genau die zweimilliardste LP war, die das Presswerk verließ. Elvis bekam davon in Indianapolis ein Spezialexemplar überreicht – zufällig vor seiner letzten Show. Als Gag verkaufte RCA dann auch die Platte mit blauem Vinyl. Kurz vor Jahresende, als der Elvis-Boom so groß war wie nie, erschien die Doppel-LP „Elvis In Concert“, die in Kürze Platin erreichte und bis Rang 5 kam. Es war ein Dokument, das man einfach besitzen musste.

Man rechnete allein in den Monaten nach Elvis‘ Tod mit 20 Millionen Umsatz von Elvis-Tonträgern, weltweit sogar mit 100 Millionen.

In Deutschland war es noch extremer als in den USA – eine Druckerei lieferte an die Teldec eine Million Etiketten; es war die größte Bestellung, die jemals an einem einzelnen Tag aufgegeben wurde. Wie in fast allen Ländern war der Außenbestand von über 100.000 Platten in Kürze ausverkauft, am 20. August lagen schon 450.000 neue Bestellungen vor, sogar eine fünfstellige Auflage für die schon vor dem Tod konzipierte 5-LP Box „100 Super Rocks“. Sie war schon am anderen Tag vergriffen.